Wie ein mittelmässiger Film zum viralen Hit wurde

Wer sich gelegentlich auf den gängigen Social Media Plattformen herumtreibt der stiess in der Weihnachtszeit bestimmt auf ein Foto von Sandra Bullock. Es handelt sich aber um ein ganz bestimmtes Bild, welches immer wieder von ihr geteilt wird: Sie sitzt in einem kleinen Ruderboot, doch ihre Augen sind nicht sichtbar. Sie sind bedeckt von einem Stück Stoff. Das besagte Bild stammt aus dem neuen Film Birdbox, welcher im Dezember exklusiv auf der Streaming-Plattform Netflix erschien.

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Der Film ist mittelmässig und bei den Kritikern nicht sonderlich beliebt – trotzdem ist er in aller Munde und brach Rekorde.  Scheinbar über Nacht, tauchten auf den sozialen Medien überall Bird Box Memes auf.  Diese verhalfen dem Film zu unvorhersehbarer Popularität – doch warum eigentlich?

 

Der Zeitpunkt war günstig

Der Film erschien am 21. Dezember 2018 – also kurz vor den Festtagen. Bei Bird Box handelt es sich zwar nicht um einen klassischen Weihnachtsfilm doch er war wohl eine gern gesehene Ablenkung von den Feierlichkeiten. Die Menschen hatten mehr als genug Zeit, sich mit dem Film zu befassen. Zudem musste man sich um den Film zu geniessen nicht bei Minustemperaturen ins Kino bewegen, sondern konnte bequem vom Sofa aus Play drücken. Wäre Bird Box ein Kinofilm, hätte er wohl nie so viele Leute anlocken können. So hatte man aber schnell das Gefühl, dass in den Weihnachtsferien wirklich jeder einzelne, ob nun im Freundeskreis oder den anonymen Weiten des Internets, den Film gesehen hat.

 

Fear of Missing Out

Wer also mitreden oder bei den zahlreichen Witzen mitlachen wollte, der musste sich den Film anschauen. Das soziale Phänomen «Fear of Missing Out», also die Angst davor etwas zu verpassen verführte wohl viele dazu den Film zu streamen, trotz einer etwaigen Aversion gegenüber Horror-Filmen. Wenn sogar Berühmtheiten wie Kim Kardashian und Chrissy Teigen über den Film sprechen, dann muss man ihn fast anschauen.

Die Bird Box Challenge, bei der Menschen mit verbundenen Augen Alltags-Aufgaben versuchten zu bewältigen, brachte dann schliesslich sogar Netflix dazu, sich zum Hype zu äussern. Und dies ist eigentlich der entscheidende Punkt, weshalb der Film trotz seiner Qualität, so erfolgreich war.

Ihre Antwort auf die gefährliche Challenge, hält ihre Nutzer aber nicht per se davon ab, daran teilzunehmen. Sie versichern lediglich, dass sie nichts damit zu tun haben. Der Hinweis zu bestimmten Charaktere, die im Film vorkommen (Boy & Girl - und ja, die beiden Kinder im Film heissen wirklich so) - regt wiederum an, sich den Film anzusehen und weckt Neugier bei Nutzern.

 

Die Fähigkeit Trends zu erkennen – aber auch über sich selbst lachen zu können

Der Social-Media Auftritt von Netflix war schon immer sehr stark. Stets mit der richtigen Portion an reflektiertem Humor und Selbstwahrnehmung, schaffen sie es mit ihrem Zielpublikum auf Augenhöhe zu kommunizieren. Dies vorwiegend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter:

Für den Film Birdbox, war ihre Strategie wie gehabt. So kreierten sie auch hier ihre eignen Memes um beim Social-Media-Hype mithalten zu können.

Ausserdem bedienten sie sich fleissig der Retweet-Funktion um kreative Memes auf ihrer eigenen Twitter-Seite zu teilen. So wurden noch mehr Nutzer dazu motiviert, ihre Werke zu teilen. Dieser Hype, verhalf wohl direkt zum grossen Erfolg des Filmes:

Ob diese Zahlen nun stimmen oder nicht – nur alleine dieser Tweet sorgte dafür, dass der Film wieder rege in den sozialen Netzwerken diskutiert wurde. Eine relative günstige Werbekampagne für den Streaming-Giganten - der grösste Teil der Werbung spielte sich online ab und wurde von Fans selbst kreiert. Schlussendlich, haben sie den Erfolg des Filmes vorwiegend der Eigeninitiative ihrer Nutzer zu verdanken. Memes sind nichts anderes als user-generated content und UGC ist für Firmen immer ein Pluspunkt: Der Kunde ist involviert und möchte ein Teil einer Community werden.

Nach dem Erfolg der viralen Werbekampagne für Bird Box, wird Netflix sich wohl weiterhin solcher Taktiken bedienen. Und bald stellt sich die Frage, ob ein Film überhaupt sehenswert ist, wenn nicht eine gewisse Anzahl Memes dazu existieren. Und werden wohl in Zukunft die grossen Unternehmen selber Memes kreieren und dem Internet zuvorkommen?

Dabei laufen sie jedoch immer Gefahr sich lächerlich zu machen, wenn der Community Manager nicht ganz Up-to-Date ist. Aber ansonsten ist die Strategie von Netflix bestimmt eine zukunftsorientierte und auch eine die, wenn richtig ausgeführt, erfolgversprechend zu sein scheint.